Schule in Ghana

Me ma wo akye – Guten Morgen!

 

Ich melde mich mal wieder aus dem sonnigen Agona Swedru, um ein bisschen über meine bisherigen Erlebnisse an der A.W.M.A ‘E‘ Basic School zu berichten.

 

Seit fast zwei Wochen bin ich nun schon an „meiner“ Schule und gewöhne mich langsam immer mehr an den Schulalltag. Der beginnt hier immer um ca. 7:45 mit einem „Assembly“, einer Versammlung aller Schüler, bei der gebetet, gesungen und die ghanaische Nationalhymne angestimmt wird. Danach gehen die Kinder in ihre Klassen und auch dort wird meistens noch einmal gebetet oder gesungen, bevor der Unterricht beginnt. Insgesamt gibt es zwei Pausen, die nicht wie in Deutschland von einem elektronischen Pausengong angekündigt werden, sondern von zwei Schülern, die mit einer Art selbstgebastelten Glocke über den Schulhof laufen und „break time pleeease!“ oder „break over pleeease!“ rufen.
Im Gegensatz zu privaten Schulen gibt es an meiner Schule (die ja staatlich ist) kein offizielles Mitagessen für alle; für die Kinder des zur Schule gehörenden Kindergartens wird aber mittags immer gekocht und dort wird auch freundlicherweise für mich eine Portion zubereitet, sodass ich in der zweiten Pause immer mit den Lehrern und Schülern des „KG“ zusammen essen kann.
Um 15 Uhr ist der Unterricht dann für alle zu Ende und die Schüler fegen noch einmal durch alle Klasssenräume (kleines Wortspiel
😉), bevor sie die Schule verlassen. Am Anfang fand ich es etwas schwierig, mich diesem Rhythmus anzupassen, da mir die Hitze und die (für mich doch relativ lange) Dauer der Schule zu schaffen machten; mittlerweile habe ich mich aber schon etwas mehr daran gewöhnt und fühle mich an der Schule wohl. Die Lehrer sind alle sehr nett zu mir und auch die Schüler bringen mich mit ihrer ausgelassenen Art immer wieder zum Lachen.
Aber jetzt mal zu meinen Aufgaben bzw. Tätigkeiten an der Schule:

 

 Ich bin momentan in einer dritten Klasse als Assistenzlehrerin tätig, d.h. ich helfe beim Korrigieren der Hausaufgaben, beim Verteilen der Hefte und überall, wo eben noch eine helfende Hand gebraucht wird. In „Natural Science“, einem Fach vergleichbar mit dem Heimat-und Sachunterricht an deutschen Grundschulen, durfte ich auch schon ein paar Stunden selbst unterrichten, was mehr oder weniger gut geklappt hat:D.

 

Das Unterrichten hier bringt für mich definitiv einige Herausforderungen mit sich: Zum einen besteht meine Klasse aus sage und schreibe 52 Kindern und ist damit ungefähr doppelt so groß wie eine durchschnittliche Grundschulklasse in Deutschland. Dadurch ist der Lärmpegel in der Klasse auch ungefähr doppelt so hoch und es ist teilweise schwierig, sich Gehör zu verschaffen. Zum anderen gibt es innerhalb der Klasse ziemlich große Unterschiede, was das Alter und den Wissensstand der Schüler angeht. So sind die Kinder in meiner Klasse zwischen 8 und 12 Jahre alt und während manche längere Texte fließend lesen können, gibt es auch einige, die gar nicht lesen können. Das macht es natürlich schwieriger, den Unterricht für alle verständlich und doch nicht zu langweilig zu gestalten.

Eine weitere Herausforderung, die ich am Anfang nicht so groß eingeschätzt habe, ist die Sprache: Englisch ist zwar die Amtssprache in Ghana, aber die meisten Kinder wachsen mit einer der zahlreichen ghanaischen Sprachen als Muttersprache auf und können dadurch bei der Einschulung meistens noch gar kein Englisch. An der Schule sollte zwar theoretisch nur Englisch gesprochen werden, praktisch halten sich aber viele Lehrer nicht daran, sodass auch in der dritten Klasse einige Kinder noch nicht viel Englisch verstehen. Da ich ja leider keine der ghanaischen Sprachen (die sich übrigens auch zum Teil stark voneinander unterscheiden!) beherrsche, ist es für mich teilweise schwierig, den Kindern den Unterrichtsstoff zu vermitteln oder ihnen bei einer Aufgabe zu helfen. Mit mir sind aber noch zwei andere ghanaische Lehrerinnen in der Klasse, die den Hauptunterricht übernehmen und mir bei Verständigungsproblemen helfen können.

 

Auch die Lern- bzw. Lehrmethoden unterscheiden sich hier teilweise ziemlich von denen in Deutschland. Um die jeweiligen Methoden als „gut“ oder „schlecht“ einzustufen, bin ich noch nicht lange genug an der Schule und ich bin mir auch nicht sicher, ob man das überhaupt kann. Deshalb versuche ich, meine bisherigen Beobachtungen aus meiner persönlichen Perspektive zu schildern, ohne dabei allgemein zu werten oder zu urteilen.

Ein Unterschied zu Deutschland ist, dass die meisten Lehrer den sogenannten „cane“, einen Rohrstock, benutzen, um die Kinder zu bestrafen und aufmerksam zu halten. In meiner Klasse werden die Kinder verhältnismäßig wenig „gecaned“; ich habe es aber schon ein paar Mal miterlebt und finde es persönlich immer schwierig, das zu beobachten.

Der Unterricht läuft hier oft über ein „call and response system“, bei dem die Lehrer etwas sagen und die ganze Klasse das Gesagte wiederholt oder chorische Antworten gibt. Da ich das aus meiner Schulzeit in Deutschland nicht gewohnt bin, ist es für mich teilweise noch ein bisschen schwierig, die Klasse nach ihren Gewohnheiten zu unterrichten bzw. ihnen andere Unterrichtsmethoden näher zu bringen. Ich werde aber auf jeden Fall noch versuchen, mich da heranzutasten und mich auch mit den Klassenlehrerinnen auszutauschen.

 

Grundsätzlich sind die Kinder aber sehr motiviert und fröhlich und wenn ich den Schulhof betrete, schallt mir oft schon ein mehrstimmiges „Madame Anna, good morniiing!“ entgegen. Neben dem Unterrichten habe ich auch angefangen, einigen Schülern meiner Klasse „Lesenachhilfe“ zu geben, d.h. ich treffe mich mit ihnen in Kleingruppen vor Unterrichtsbeginn oder in der Pause und übe mit ihnen das Lesen einfacher englischer Wörter.  Auch da sind die Kinder hochmotiviert (manchmal etwas zu motiviert 😉) und ich hoffe sehr, dass ich ihnen damit ein bisschen helfen kann.

 

Außerdem habe ich vor Kurzem angefangen, im Kindergarten zu „unterrichten“. So singe ich dort mit den Kindern Lieder und Reime auf Englisch, bei denen sie im Idealfall spielerisch die Sprache etwas mehr lernen können. Auch das hat bis jetzt viel Spaß gemacht, obwohl ich mir noch nicht so sicher bin, ob alle Kinder verstehen, was wir da machen :D. Dafür singen (bzw. schreien – manchen ist der Unterschied noch nicht ganz klar) andere aber umso lauter und ich hoffe, dass ich den Kindern so ein Stück weit Spaß an der englischen Sprache vermitteln kann. Insgesamt gefällt es mir also an meiner Schule soweit gut und ich hoffe, dass ich mich trotz einiger Herausforderungen noch gut nützlich machen und viel lernen kann!

 

Ich hoffe, dass ich euch mit diesem (etwas längeren) Blogeintrag meinen Schulalltag – wenn man das schon so nennen kann – hier in Ghana etwas näherbringen konnte und ich werde mich in nächster Zeit dann wieder mit Eindrücken von unseren Reisen in Ghana melden.

 

Bis bald, eure Anna

 

 

Hier wie immer noch ein paar Bilder:

 

Der Gebäudekomplex der Grundschule - auch ein Unterschied zu den meisten deutschen Schulen:

Die Klassenräume sind auf beiden Seiten zum Schulhof (siehe nächstes Bild) hin offen, was einerseits für einen höheren Lärmpegel, andererseits aber auch für kühlere Temperaturen sorgt

Der Kindergarten der A.W.M.A 'E' Basic School - Hier ist auch noch einen Teil des Schulhofs zu sehen